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Droht eine Haushaltssperre?

„Droht Haushaltssperre?“ betitelte die Ruhr-Nachrichten am 25.6.2004 den Bericht über die Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses und Thomas Etzkorn suchte in seinem Kommentar vom 26.6.04 „Guten Rat“, weil das Defizit der Stadt Selm immer größer wird.
Fraktionsvorsitzende Maria Lipke sieht Gründe im Jugendhilfebereich:

Bezeichnenderweise ist es ein Bericht der Kämmerin, der auf eine besondere Problematik im Jugendhilfebereich hinweist: Das Jugendamt benötigt weitere 200.000,– Euro für Heimunterbringungen von Kindern und Jugendlichen.
Waren es im letzten Jahr noch 34, so befinden sich z. Zt. 42 Kinder und Jugendliche aus Selm im Heim. 42 Kinder, das sind fast 2 Schulklassen, die in Kinderheimen wohnen und dort schulische und berufliche Bildungsangebote erhalten, weil Eltern, Jugendamt und die Schulen damit überfordert sind.

Wenn man einen Blick in Haushaltspläne wirft, sieht man, dass dafür im Jahr 2000 rund 650.000,– Euro von der Stadt Selm aufgebracht werden mußten. Für 2004 sind bereits 1.245.000,– Euro eingeplant, also fast das Doppelte, und selbst damit kommt man nicht mehr aus.

Und dabei geht es nicht nur ums Geld, sondern um das Schicksal von Kindern. Auch wenn Kinderheimen in NRW insgesamt ein gutes Zeugnis ausgestellt werden kann, kann doch Heimunterbringung nur das letzte Mittel sein, wenn alles andere nicht hilft.
Die Stadt muss doch Wege suchen, um diese Stigmatisierung zu vermeiden,
muss endlich einsehen, dass es ein Fehler war, die ambulante Familienhilfe personell zu deckeln und auszulagern.

Kommunale, praktische, vernetzte Jugendhilfe, die direkt in den Familien tätig ist und die Familien stärkt, ist notwendig. Es müssten qualifizierte Mitarbeiter und Honorarkräfte eingestellt werden. Ein einziger Heimplatz kostet im Monat fast 4.000 Euro. Das ist etwa das Gleiche wie die Planstelle eines Sozialarbeiters. Wenn dieser Sozialarbeiter nur eine Familie mit drei Kindern betreut, spart die Stadt monatlich 8.000,– Euro ein. Auch Wohngruppen und Pflegefamilien sollte man den Vorzug geben, obwohl auch dieses mit Personalkosten verbunden ist. Und hier schließt sich der Kreis zur Kämmerei: Die Personalkosten sind bereits jetzt auf dem absoluten Höchststand, die Aufsichtsbehörde hebt Jahr für Jahr warnend den Finger und verlangt, Personalkosten abzubauen. Kosten für Heimunterbringung sind jedoch Pflichtaufgaben. Allerdings Pflichtaufgaben zu denen sich die Stadt selbst verpflichtet hat.

Die jährlichen Nachforderungen im Jugendhilfebereich werden deshalb regelmässig ohne Diskussion abgenickt. Zur Beruhigung, und weil die UWG mal wieder nicht locker läßt, stellt man uns im Jugendhilfeausschuss zwei besonders gravierende Fälle vor. Die machen betroffen und alle sind wieder überzeugt, dass Heimunterbringung die einzig richtige Lösung ist. Man geht zur Tagesordnung über und das Jugendamt berät am nächsten Tag im Team, stundenlang, mit hochbezahlten Leuten, einschließlich Bürgermeisterin, über den nächsten Fall von Heimunterbringung.
Kein Wunder, dass die Stadt pleite ist.

Maria Lipke, Fraktionsvorsitzende der UWG

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